Rede · Sybilla Nitsch · 16.06.2023 Errichtung eines Radschnellnetzes für Schleswig-Holstein
„Nur bei einer konsequenten Planung kann es uns überhaupt gelingen, mehr Menschen aufs Rad zu bringen. Darum fordern wir umgehend eine Netzplanung und keine weiteren, einzelne Teilstücke im Süden. Wir fordern ein alltagstaugliches Netz, das in den nächsten Jahren und Jahrzehnten kontinuierlich zusammenwachsen kann.“
Sybilla Nitsch zu TOP 17 - Errichtung eines Radschnellnetzes für Schleswig-Holstein (Drs. 20/1011)
In den letzten Jahrzehnten wurde einiges verschlafen: die Infrastruktur des einstigen Vorzeige-Radlandes Schleswig-Holstein ist deswegen in die Jahre gekommen, Wurzelaufbrüche werden lediglich beschildert statt ausgebessert und die kommunalen Planungskompetenzen schrumpften kontinuierlich.
In der letzten Wahlperiode hat der ehemalige Wirtschaftsminister sein Herz für das Rad entdeckt und hier eine Struktur gegossen.
Die neue Strategie „Ab aufs Rad“ mit vielen Fördermillionen soll es jetzt richten.
Wir stehen hinter dieser Strategie und schätzen besonders den regen Austausch und die Einbindung von vielen Akteuren.
Aber es kommt ein Wermutstropfen Und genau so sieht es auch bei den Radschnellwegen aus: Das Land kann gar nicht so viele Mittel loswerden, wie es möchte. Die Kommunen können gar nicht so viel bauen. Schleswig-Holsteins Kleinkommunen haben gar nicht die Kapazitäten für einen überregionalen Ausbau der Radwege – immer wieder enden Radwege an Kreis- oder Stadtgrenzen. Deswegen kommen wir nicht voran.
Radwege und insbesondere Radschnellwege sind eine echte Alternative zum motorisierten Individualverkehr. Beträgt der Weg zwischen Wohnung und Arbeitsplatz oder Studienort unter 15 km, schlägt der Radschnellweg sogar die Straße. Das zeigen europäische Erfahrungen. Kein Wunder, dass in den Niederlanden oder Dänemark, wo es viele Radschnellwege gibt, Menschen dauerhaft vom Auto aus Rad umstiegen. Da wollen wir auch in Schleswig-Holstein hin! Doch noch sieht man das grüne Verkehrsschild für den Radschnellweg in Schleswig-Holstein selten.
Ich erkenne die bisherigen Erfolge durchaus an: da, wo das Land Planung, Koordinierung und Bau von Rad- bzw. Radschnellwegen ganz oder teilweise übernimmt, sind Fortschritte zu erkennen. Das betrifft aber vor allem die Metropolregion, wo sich das Land an den Planungen beteiligt und teilweise Bundesmittel genutzt werden. Erfolge zu feiern, wenn andere die Baulast tragen, ist auch gar nicht so schwer. Doch Schleswig-Holstein besteht nicht nur aus der Zuwegung nach Hamburg. Schleswig-Holstein hat gerade im Norden einen enormen Nachholbedarf, was Radschnellwege angeht und sollte auch den Grenzpendlerinnen und Pendlern attraktive, grenzüberschreitende Radschnellwege anbieten.
Hier gehts um die Stärkung des Alltagsverkehrs und nicht nur um touristische Fernwege, die dann nicht mal zweisprachig ausgewiesen sind und an der Grenze sich alles ändert. .
Der SSW setzt sich für Radschnellwege ein. Grundsätzlich müssen die Radschnellwege Priorität vor anderen Radwegen haben. Nur bei einer konsequenten Planung kann es uns überhaupt gelingen, mehr Menschen aufs Rad zu bringen. Darum fordern wir umgehend eine Netzplanung und keine weiteren, einzelne Teilstücke im Süden. Wir fordern ein alltagstaugliches Netz, das in den nächsten Jahren und Jahrzehnten kontinuierlich zusammenwachsen kann. Wenn wir Ernst machen wollen mit dem Ziel, schon in sieben Jahren, also 2030, ein Drittel des Verkehrs auf zwei Rädern verlagern zu wollen, geht das nur mit Radschnellwegen.
Und selbstredend wird eine Radschnellnetz eingebettet in das Landesweite Radverkehrsnetz und natürlich muss ein entsprechendes Netz mit anderen Strecken und Anschlüssen betrachtet werden.
Die Fortschreibung des LRVN ist beschlossene Sache und muss nicht zusätzlich begrüßt werden. Ich erkenne an, dass die Koalitionäre sich ein Statement setzen möchten. In der Sache sich dann aber soweit weg zu bewegen, ist schon ein Ding.
Das Pendlerland Schleswig-Holstein bietet enorme Potenziale für das Rad. Schleswig-Holstein liegt bundesweit ganz vorne, was den Kauf von Elektro-Räder und Pedelecs betrifft. Der Energieversorger Eon hatte bundesweit eine Umfrage durchführen lassen: mehr als jeder vierte Bürger bzw. Bürgerin in Schleswig-Holstein, genauer gesagt, 27,2 Prozent der über 18-Jährigen gab an, ein E-Bike oder Pedelec zu besitzen. Bei den Friesinnen und Friesen ist es sogar jeder Dritte.
Diese Menschen haben privat investiert, um Rad zu fahren. Sie wollen das Auto in der Garage lassen. Doch die Infrastruktur wächst nicht mit. Darum wollen wir in Schleswig-Holstein den sofortigen Einstieg in ein leistungsfähiges Radschnellnetz.