Rede · Jette Waldinger-Thiering · 18.10.2024 Elternunabhängiges BAföG statt Flickschusterei

„Anstatt endlich eine richtige BAfög-Reform durchzuführen und das BAföG elternunabhängig zu machen, wird an kleinen Stellschrauben gedreht, um das aktuelle System irgendwie erträglicher zu machen. Fakt ist aber: Nur durch ein elternunabhängiges BAföG nach dänischem Vorbild kann die bürokratische Rechnerei mit den Einkommen der Eltern umgangen werden!“

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 20 - Pilotierung eines zusätzlichen BAföG-Auszahlungstermins (Drs. 20/2552)

Anstatt endlich eine richtige BAfög-Reform durchzuführen und das BAföG elternunabhängig zu machen, wird an kleinen Stellschrauben gedreht, um das aktuelle System irgendwie erträglicher zu machen. Fakt ist aber: Nur durch ein elternunabhängiges BAföG nach dänischem Vorbild kann die bürokratische Rechnerei mit den Einkommen der Eltern umgangen werden!

Der vorliegende Antrag, einen weiteren Auszahlungstermin pro Monat für das BAföG einzuführen, ist im Prinzip gut und richtig. Zwischen Studium, Job und Sozialleben kann die Frist zur Antragsbearbeitung schnell mal überschritten werden. 
Und auch das Einsammeln der benötigten Dokumente von Eltern und Geschwistern kann manchmal länger dauern als beabsichtigt. Da kann ein zweiter Auszahlungstermin schon helfen. 
Nichtsdestotrotz ist diese Maßnahme nur Symptombekämpfung eines Problems, das der SSW schon lange kritisiert. Wir halten uns mit solchen kleinen Anpassungen auf, weil das aktuelle BAföG-System trotz Reformen immer noch ein wahres Bürokratiemonster ist, das die Behörden, aber in aller erster Linie die Studierenden belastet. 
Anstatt endlich eine richtige BAfög-Reform durchzuführen und das BAföG elternunabhängig zu machen, wird an kleinen Stellschrauben gedreht, um das aktuelle System irgendwie erträglicher zu machen. Fakt ist aber: Nur durch ein elternunabhängiges BAföG nach dänischem Vorbild kann die bürokratische Rechnerei mit den Einkommen der Eltern umgangen werden!

Es ist wahr, dass die aktuellen BAföG-Regelungen es schon jetzt vielen jungen Menschen erlauben überhaupt zu studieren. Im Jahr 2023 waren es über eine halbe Millionen Studierende, die die BAföG-Förderung in Anspruch genommen haben.
Dennoch sind die jungen Menschen nach wie vor von ihren Eltern abhängig, wenn es um die BAföG-Anträge geht. Aber was macht der Student, der keinerlei Verhältnis mehr zu seinem Vater hat, aber abhängig von seinen Einkommensauskünften und Unterschriften ist? Was passiert mit der Studentin, dessen Eltern ihr Studium nicht unterstützen und sich deshalb weigern, ihr die benötigten Dokumente zur Verfügung zu stellen? 
Die müssen ohne BAföG auskommen und stehen ganz schön blöd da. Denn entweder nehmen sie einen Studienkredit auf und verschulden sich schon bevor sie überhaupt Teil des Arbeitsmarktes sind, oder sie müssen neben ihrem Studium so viel arbeiten, das kaum noch Zeit zum Lernen bleibt.

Der SSW appelliert schon lange für ein elternunabhängiges BAföG nach dänischem Vorbild. Es würde viele der aktuellen Probleme des deutschen BAföGs lösen. 
Zum Beispiel gibt es gibt jungen Menschen eine bessere Planbarkeit. Durch ein elternunabhängiges BAföG wüsste man schon von Anfang an mit welchen Mitteln man rechnen kann. In Deutschland kann sich das zum Beispiel durch die Scheidung der Eltern oder Arbeitslosigkeit sehr schnell verändern. 
Eines der wichtigsten Argumente ist jedoch, dass es viel weniger Verwaltungsaufwand und Bürokratie bedeuten würde. Teilweise müssen Studierende nach wie vor Monate lang auf den BAföG-Bescheid warten. Sie schicken seitenlange Anhänge mit, die sie in mühsamer Arbeit von den verschiedenen Familienmitgliedern zusammengesucht haben.

All das wäre nicht mehr notwendig, wenn ein einzelner Bescheid über die Immatrikulation und die Länge des Studiums am Anfang des Studiums eingereicht wird und alle Studierende dann die BAföG-Zahlungen bekommen. Es führt auch zu mehr Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit. 
Denn mit einem elternunabhängigen BAföG könnten wir garantieren, dass wirklich alle jungen Menschen sich ein Studium leisten können. Auch diejenigen, die keine Unterstützung seitens ihrer Eltern erfahren oder knapp oberhalb der BAföG-Grenze liegen. 
Alle Parteien appellieren immer an junge Menschen unabhängig zu sein, kritisch zu Denken und zu lernen, auf eigenen Beinen zu stehen. Wir als SSW wollen praktische Maßnahmen umsetzen, um dies garantieren zu können. 
Mit einem elternunabhängigen BAföG nach dänischem Vorbild wäre dieser Antrag hinfällig und junge Menschen könnten wirklich unabhängig vom Geldbeutel ihrer Eltern ihr volles Potential ausschöpfen!

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