Rede · Jette Waldinger-Thiering · 20.11.2024 Digitalpakt noch in diesem Jahr verabschieden!

„Diese sich wiederholenden Debatten des alles schon mal Gehörten sind gerade jetzt mehr als ärgerlich, denn nach dem Aus der Ampel in Berlin ist eine wichtige Säule der Medienbildung, der Digitalpakt, wieder ganz, ganz weit in der Prioritätenliste nach unten gerutscht. Gerade jetzt müssten wir deshalb wie aus einer Kehle von den Kolleginnen und Kollegen in Berlin die Verabschiedung des Digitalpaktes II verlangen.“

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 18 - Medienbildung an Schulen braucht solide Grundlagen (Drs. 20/2583)

Das Thema Medien und Medienbildung in der Schule ist ein alter Hut. Dazu ist wirklich schon alles gesagt worden. Doch bislang warten die Schulen immer noch auf belastbare, dauerhafte Strukturen und Finanzierungszusagen, die es ihnen erlauben, Medienbildung anzubeten. Auch dieser Antrag geht ziemlich sparsam mit genauen Vorgaben, Haushaltsvorbehalten und neuen Stellen um. Ich erwarte mehr Inhalte und mehr konkrete Vorstellungen. Dann wird die Landespolitik auch in den Schulen wohl wieder etwas ernster genommen. 
Diese sich wiederholenden Debatten des alles schon mal Gehörten sind gerade jetzt mehr als ärgerlich, denn nach dem Aus der Ampel in Berlin ist eine wichtige Säule der Medienbildung, der Digitalpakt, wieder ganz, ganz weit in der Prioritätenliste nach unten gerutscht. Gerade jetzt müssten wir deshalb wie aus einer Kehle von den Kolleginnen und Kollegen in Berlin die Verabschiedung des Digitalpaktes II verlangen.
Zwar strahlt Bundesbildungsminister Özdemir Zuversicht aus, aber ehrlicherweise muss auch er einräumen, dass weder die über zwei lange Jahre verhandelten Finanzierungsmodelle eine Mehrheit haben, noch die Weiterbildungsstrukturen, die endlich alle Lehrkräfte in die Lage versetzen sollen, Medienbildung voranzutreiben. Verlässliche Fort- und Weiterbildungsstrukturen für alle Lehrkräfte sind ein wichtiges Ziel und der Digitalpakt hat dazu gute Ansätze. Ich möchte an dieser Stelle aber auch noch einmal betonen, dass die Schulen vor Ort mehr selbst entscheiden sollen. Zu viel Zentralismus ist hier völlig kontraproduktiv.
Bislang ist es so, dass in den Kollegien einige Expert*innen benannt werden und die anderen sich nicht auf die zugegeben sehr unverlässlichen Strukturen einlassen wollen. Was mache ich denn in einer Geografie-Stunde, wenn eine Schülerin ihr Handy vergessen hat und keine Endgeräte zur Verfügung stehen? Teilt euch mal ein Gerät? Oder wie soll das aussehen? Oder rollt die betreffende Lehrkraft dann doch wieder den Tageslichtprojektor herein? Das ist doch die Realität in den Schulen. Wer hier von zu viel Digitalisierung und von Begrenzung der Bildschirmzeit spricht, weiß wirklich nicht, was vor sich geht. Das ist ja gerade das Problem: wir können uns nicht mit Skandinavien vergleichen. Dort sind die Schulen vollständig digitalisiert – inklusive des Austauschs zwischen Schule und Eltern mit einem verlässlichen Terminsystem und sehr kurzen Feedback. Wegen der Verfügbarkeit von Endgeräten in allen Schulen und dessen Service gibt es schließlich auch kein jahrelanges Tauziehen wie bei uns.
Darum zurück zur hiesigen Medienbildung. Wir sollten nicht so tun, als ob wir hier ganz am Anfang stehen. Ganz im Gegenteil: einige Schulen haben ein sehr gutes Konzept, das auch den mündigen Umgang mit sozialen Medien umfasst. Wir haben durchaus Schulen, die die Medienbildung als Grundlage für Demokratiebildung einsetzen können. Gerade in Zeiten, in denen einige wenige Stimmen in den sozialen Medien aufgrund der Logarithmen ganz nach vorne gespült werden, ohne dass die Behauptungen der Wahrheit entsprechen müssen, erscheint mir eine ausgereifte Urteilskraft für die jungen Nutzerinnen und Nutzer von sehr großer Bedeutung. 
Natürlich sehe auch ich die Gefahren, die das Internet birgt. Aber vor allen sehe ich aber die Chancen, sich mittels des Netzes zu informieren und auf dem Laufenden zu halten. Ich halte überhaupt nichts davon, den jungen Menschen Angst zu machen, sondern davon, sie im Umgang mit FakeNews und Gewalt zu schulen. Sie müssen lernen, welche Quellen sie vertrauen können und welchen eben nicht. Eine gesunde Portion Misstrauen gehört auch dazu. Denn die Kriminellen werden sich immer wieder neue Methoden einfallen lassen. Die Künstliche Intelligenz entwickelt sich dabei zu einer höchst willkommenen Unterstützung krimineller Aktivitäten. Man kann sich schützen: mit einer zwei-Wege Authentifizierung oder mit Passworten, die ständig geändert werden und nicht so leicht zu knacken sind. Das Alles muss man aber lernen. Und damit das in unseren Schulen möglich ist, muss der Digitalpakt noch in diesem Jahr verabschiedet werden.

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