Rede · Christian Dirschauer · 28.10.2020 Die maritime Wirtschaft hat enormes Zukunftspotential - braucht in Krisenzeiten aber unsere volle Unterstützung
"Ganz grundsätzlich kann ich für meine Partei sagen, dass wir selbstverständlich zu unseren Werften und Zulieferern stehen. Und zwar nicht aus nostalgischen oder regionalpolitischen Gründen, sondern weil die gesamte maritime Industrie großes Potential hat."
Rede zu Protokoll gegeben
Christian Dirschauer zu TOP 49 - Schleswig-Holstein steht zu seinen Werften und Zulieferern (Drs. 19/2511 (neu))
Auch diese Plenartagung macht es wieder deutlich: Die Corona-Krise und ihre Auswirkungen beschäftigen uns auf vielen Ebenen. Mit Blick auf unsere Wirtschaft lässt sich festhalten, dass kaum ein Sektor so massiv betroffen ist wie der Schiffbau: Die IG Metall hat heute Morgen noch einmal deutlich auf die wirklich prekäre Situation hingewiesen. Weit über 7000 Beschäftigte sind in Kurzarbeit. Mehr als 6000 der insgesamt 18000 Jobs auf unseren Werften sind akut gefährdet. Die FSG, Nobiskrug oder German Naval Yards bauen längst Stellen ab. Diese Zahlen sind aus Sicht des SSW dramatisch. Und vor diesem Hintergrund ist es mehr als notwendig, dass wir uns Gedanken darüber machen, wie wir die Zukunft des Schiffbaus sichern können.
Ganz grundsätzlich kann ich für meine Partei sagen, dass wir selbstverständlich zu unseren Werften und Zulieferern stehen. Und zwar nicht aus nostalgischen oder regionalpolitischen Gründen, sondern weil die gesamte maritime Industrie großes Potential hat. Vor Corona wurde ihr für dieses Jahr zum Beispiel noch ein Beschäftigungszuwachs von knapp 10 Prozent prognostiziert. Bei zentralen Zukunftsthemen, wie etwa der Eindämmung des Klimawandels, spielen Werften und maritime Zulieferer eine wichtige Rolle. Wir sind fest davon überzeugt, dass grüne Schifffahrt einen erheblichen Beitrag zur Vermeidung von Emissionen leisten wird. Und für diese und viele andere wichtige Fragen ist das nötige Know-how bei Zulieferern und Werften im Land vorhanden.
Mittel- und langfristig gibt es also eine durchaus solide Perspektive für diese Branche. Aber wenn durch Corona der Welthandel schwächelt oder die komplette Kreuzfahrtindustrie zum Erliegen kommt, ist das nun mal eine beispiellose Herausforderung. Damit ist völlig klar, dass es hier zumindest auf kurze Sicht erhebliche Einschränkungen bei der Auftragslage gibt. Leider steht auch der Marineschiffbau vor großen Herausforderungen. Und zwar unabhängig von der Pandemie. Der militärische Schiffbau ist vor allem unter Druck, weil er einem verzerrten europäischen Wettbewerb unterliegt. Und wenn die Marine Aufträge nicht bald vorrangig an Unternehmen im Land vergeben darf, wird man langfristig kaum noch am Markt bestehen können. Deshalb müssen wir nicht nur dem zivilen Schiffbau helfen, sondern den militärischen Zweig dringend als Schlüsseltechnologie stärken und die Vergabepraxis ändern.
Niemand kann heute sagen, wann wir die pandemiebedingten Einschnitte überwunden haben. Klar ist, dass viele Branchen hart getroffen und auf unsere Hilfe angewiesen sind. Auch im Schiffbau dürfen wir nicht zulassen, dass krisenbedingt massenhaft Menschen entlassen werden und Familien in Not geraten. Trotz schwerer Zeiten dürfen wir es nicht hinnehmen, wenn Unternehmen Stammbelegschaften durch Leiharbeiter ersetzen. Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Werften, und allen voran die Menschen die hier arbeiten, die nötige finanzielle Krisenhilfe bekommen. Hier sind wir uns nach aktueller Antragslage auch weitgehend einig. Wenngleich die Koalitionsfraktionen beim Thema Leiharbeit dann doch nicht ganz so konsequent sind. Zumindest soll diese Frage bei Ausschreibungen und Vergaben offensichtlich keine besondere Rolle spielen.
Uns sind Arbeitnehmerrechte und sichere Arbeitsplätze an unseren Werften sehr wichtig. Und nicht zuletzt deshalb geht aus unserem Antrag mit der SPD auch die Forderung hervor, dass das Land im Zweifel eigene Initiativen entwickeln muss, um die maritime Wirtschaft zukunftsfest zu machen und Jobs zu erhalten.
Noch einmal: Wir befinden uns in einer absoluten Ausnahmesituation. Und in dieser Lage ist für den SSW völlig klar, dass wir unsere Werften und Zulieferer unterstützen müssen. Ohne staatliche Hilfen werden sie diese Krise kaum meistern können. Und mit Blick auf die vielen tausend Arbeitsplätze fordern wir vom Bund und von den Unternehmen, dass das Kurzarbeitergeld nicht nur verlängert, sondern auch aufgestockt wird. Außerdem müssen die hier Beschäftigten gerade jetzt in Krisenzeiten verstärkt die Möglichkeit bekommen, sich weiterzubilden. Das sichert nicht nur ihre Zukunftschancen, sondern auch die Zukunft ihrer Unternehmen. Und das ist für uns besonders wichtig.