Pressemitteilung · 24.11.2023 Kieler Sozialbericht: Nachsitzen beim Thema DaZ-Klassen
Auch wenn im Kieler Sozialbericht leichte positive Tendenzen zu verzeichnen sind, gibt es gerade bei der Organisation der DaZ-Klassen an Kieler Schulen noch großen Nachholbedarf. Dazu erklärt Marvin Schmidt, bildungspolitischer Sprecher der SSW-Ratsfraktion Kiel:
„Der Sozialbericht, den Stadtrat Gerwin Stöcken in der gestrigen Sitzung des Sozialausschusses vorgestellt hat, steht ganz im Zeichen der aktuell sehr starken Zuwanderung in Kiel und zeigt die großen Bemühungen der Landeshauptstadt Kiel bei der Aufnahme und Unterbringung der zahlreichen Geflüchteten. Kiel wird hier seiner gesellschaftlichen Verantwortung gerecht – als Stadt, aber auch als Zivilgesellschaft: Dafür danken wir auch allen Ehrenamtlichen in Kiel, die sich für Integration und Vielfalt einsetzen.
Der Sozialbericht zeigt auch: der Wohnungsbestand ist um 4,0% von 2012 bis 2022 gestiegen. Die Kurve zeigt zwar nach oben, der Anstieg ist aber leider viel zu gering, um dem aktuellen Bedarf gerecht zu werden. Familien finden nur schwer Wohnungen. Die Kinderarmutsquote ist einerseits zwar rückläufig, ist andererseits mit 24,4% aber immer noch deutlich über dem Bundesschnitt. Gerade im Norden, Osten und Mettenhof sind zwischen 25% und 54% der Kinder von Armut betroffen. Hier müssen Politik und Verwaltung dringend tätig werden und das Leben in Kiel wieder bezahlbar machen.
Ein weiteres großes Problem gibt es in Kiel bei der Organisation des DaZ-Unterrichts (Deutsch als Zweitsprache). Für die 61-DaZ-Kurse mit ca. 900 Schüler*innen gilt: ‚Probleme, wie beispielsweise fehlende personelle Ressourcen und Schwierigkeiten bei der Teilnahme am Ganztag, haben sich seit Mai 2022 verfestigt und aufgrund der weiterhin andauernden Zuzüge sogar noch verstärkt‘ (Sozialbericht, S. 95). Die DaZ-Klassen sind an einigen Schulen teilweise überfüllt, obwohl es auch Schulen gibt, die noch keine DaZ-Klassen haben. Diese ungleiche Verteilung ist begründet durch fehlende Koordination und Strukturen in der Verwaltung. Obendrein fehlen Lehrkräfte und Sozialarbeiter*innen. Noch dazu ist den DaZ-Schüler*innen der Kontakt mit deutschen Mitschüler*innen nur schwer möglich, da eine wohnortnahe Beschulung nicht mehr möglich ist, weil sonst die Schulen des Kieler Nordens maßlos überfüllt wären. Es fehlt dazu noch an Sprachassistenzen in den Klassen und generell an Räumlichkeiten in den Schulen. Aus meiner persönlichen Erfahrung in eigener Lehrtätigkeit kann ich berichten: Die Lehrkräfte fühlen sich alleingelassen. Sie werden mit viel Bürokratie konfrontiert, erhalten wenig Unterstützung und bekommen nicht die passende Ausbildung, um die hohen Anstrengungen zur Integration sicher bewältigen zu können. Dadurch steigen die Fehlzeiten, was den anderen Lehrkräften die Arbeit noch weiter erschwert. Hier müssen Land und Stadt mehr und besser zusammenarbeiten, um den Lehrkräften ihre Arbeit in den DaZ-Klassen nicht bloß zu erleichtern, sondern überhaupt erst richtig möglich zu machen.“