Pressemitteilung · 02.11.2022 Knappes Wahlergebnis in Dänemark
Seidler: Mette Frederiksen wird jetzt Verhandlungsgeschick brauchen
Erst mit der Auszählung des letzten Wahllokals, stand das Wahlergebnis fest. Das linke Lager um die amtierende Ministerpräsidentin Mette Frederiksen hat die nötigen 90 Sitze im Folketing zur Regierungsbildung. Ob es jedoch eine Regierung unter Führung der Sozialdemokraten aus dem sogenannten roten Block in Dänemark geben wird, ist noch nicht sicher. Lange sah es so aus, als würde Lars Løkke Rasmussen der unverzichtbare Königsmacher werden, ohne den in Christiansborg nichts geht.
"Diese Wahl war ein Stimmungstest unter dem Eindruck gleich mehrerer Krisen. Es ist keineswegs sicher, dass der rote Block Mette Frederiksen geschlossen unterstützen wird. Sie wird großes Verhandlungsgeschick brauchen, wenn sie Ministerpräsidentin bleiben will", kommentiert Stefan Seidler, der für den SSW im Deutschen Bundestag sitzt, das Wahlergebnis.
Auch in Dänemark war die Parlamentswahl von der anhaltenden Inflation und den steigenden Energiekosten geprägt. "Das treibt die Menschen in Dänemark genauso um, wie uns hier in Deutschland", so Seidler. Gerade beim Kampf gegen hohe Energiepreise sieht Stefan Seidler Dänemark besser aufgestellt als Deutschland. "Die Dänen agieren hier viel geschlossener und mit der richtigen Perspektive auf erneuerbare Energien. Die Bürgerinnen und Bürger tragen das mit. Das hat diese Wahl gezeigt. Der Ausbau der Erneuerbaren wird entschlossen vorangetrieben, während bei uns im Bundestag über die Rückkehr von Kohle und Gas gesprochen wird." Dänemark plant für umgerechnet 28 Milliarden EUR den Bau von zwei künstlichen off-shore Windinseln in Nord- und Ostsee, die es als grüne Kraftwerke auf dem Meer nutzen will.
Ein außergewöhnlicher und spannender Wahlkampf ist heute Nacht in Dänemark zu Ende gegangen. Dominiert wurde die Folketing-Wahl von einer Debatte um das öffentliche Gesundheitssystem Dänemarks, die besonders der ehemalige Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen vorangetrieben hatte. Aufgrund von Personalproblemen kommt es in Dänemark zunehmend zu langen Wartezeiten, denen die Regierung bisher nicht ausreichend entgegnen konnte. Die kommenden Regierungsverhandlungen werden zeigen, welche Rolle eine Reform der Gesundheitsversorgung nach der Wahl spielen wird. "Klar ist, da wird etwas kommen!", sagt Seidler und fügt an: "Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass wir bei der anstehenden Reform das Potential der Grenzregion nutzen und zukünftig mehr kooperieren. Wir müssen mit Kopenhagen über ein grenzüberschreitendes Gesundheitsangebot im Norden Schleswig-Holsteins reden. Das ist gut für die Menschen und die Region!"
Seidler findet aber auch kritische Worte für die Wahl. "Gerade im Bereich der Kooperationen im Ostseeraum vermisse ich ein eindeutiges Bekenntnis der Parteien in Dänemark. Auch im Wahlkampf fehlte eine echte Debatte. Die Ostseekooperation braucht mehr politische Aufmerksamkeit." Im Zuge des völkerrechtswidrigen Krieges von Russland gegen die Ukraine ist es in der Ostsee zuletzt vermehrt zu Zwischenfällen und Angriffen auf die kritische öffentliche Infrastruktur gekommen. "Sowohl die neue Regierung in Kopenhagen als auch die Bundesregierung müssen hier mehr tun!", fordert Seidler. Deutschland hat seit Juli 2022 den Vorsitz des Ostseerates inne.
Auch in der Grenzregion in Schleswig-Holstein setzt man große Hoffnungen auf das neue Parlament und die nächste Regierung in Kopenhagen. "Ich bin mir sicher, dass wir auch mit der neuen Regierung gut zusammenarbeiten werden, besonders wenn es um unsere Grenzregion geht", sagt der SSW-Bundestagsabgeordnete Stefan Seidler. Mit der neuen Regierung will Seidler baldmöglichst in einen Austausch über den Ausbau der grenzüberschreitenden Mobilität, die Vertiefung der Sicherheitszusammenarbeit und die Abschaffung der "vorübergehenden" Grenzkontrolle an der deutsch-dänischen Grenze treten.
Die Dänen waren aufgrund eines innenpolitischen Skandals um die Corona-bedingte Tötung von Nerzen frühzeitig an die Wahlurnen gerufen worden.