Rede · Lars Harms · 13.07.2023 Das Jura-Studium in SH gerät in Verruf
„Die Erhöhung von Druck ist wirklich nicht das, was jetzt angebracht ist!“
Lars Harms zu TOP 15 +18 - Juristenausbildung in Schleswig-Holstein (Drs. 20/1156, 20/1147)
"Das Studium der Rechtswissenschaft ist das herrlichste." So heißt die 41. These von Johann Wolfgang von Goethes Disputation. Wie kommen wir von Goethes Einschätzung, diesem „herrlichen“ Fach, einer Geisteswissenschaft, die Prestige, Einkommen und sozialen Status verspricht, zu einem schlechten Ruf des Studienfachs und einem juristischen Nachwuchsmangel quer durch die Bundesrepublik? Nach einer aktuellen Umfrage der Bundesfachschaft Jura würden nur 12% der Studierenden das Studium der Rechtswissenschaften weiterempfehlen.
Während bereits jetzt die Richterinnen und Richter fehlen, macht die anstehende Pensionierungswelle den Gerichten und Staatsanwaltschaften große Sorgen. Die Verfahren haben sich nahezu auf allen Ebenen deutlich verlängert. Genau der falsche Zeitpunkt, könnte man meinen, um das Jura-Studium in Verruf geraten zu lassen und so die Nachwuchsgewinnung zu gefährden.
Jedes Studium ist hart, das möchte ich hier einmal allem voranstellen. Studieren ist anstrengend, es ist nervenaufreibend und es verlangt den Studierenden viel ab. Aber man sollte den angehenden Juristinnen und Juristen wirklich Aufmerksamkeit widmen. Denn sie klagen unüberhörbar über den psychischen Druck, dem sie im Studium ausgesetzt sind. Und zwar vor allem aufgrund der Struktur bis zum zweiten Staatsexamen. Eine Struktur, die vorsieht, dass sechs oder sieben Prüfungen nach einem mindestens vierjährigen Studium über Gelingen oder Nicht-Gelingen entscheiden.
Es gäbe also allerhand Gründe, um das Jurastudium grundsätzlich zu reformieren – und zwar im Sinne der Studenten. Die Pläne unseres Justizministeriums hingegen gehen in eine andere Richtung. Die Studenten sollen in Zukunft sieben statt den bisherigen sechs Klausuren ablegen müssen, weil – Sie haben es gehört – eine weitere, zweite, Strafrechtsklausur hinzukommen soll.
Außerdem wird der prüfungsrelevante Stoff erweitert und die Streichung der Ruhetage zwischen den Klausuren droht immer noch. Ich habe wohl die aktuellen Äußerungen des Ministeriums wahrgenommen, man wolle sich bemühen, den Ruhetag nach zwei Klausuren beizubehalten. Aber eine Garantie haben Sie den Studenten nicht gegeben.
Kein Wunder, dass die Fachschaft auf die Barrikaden geht. „Stoppt das Horror-Examen“, das ist der Titel der Petition der Fachschaft Jura der CAU, die gestern im Petitionsausschuss des Landes behandelt worden ist. Eine wirklich beeindruckende Sitzung übrigens. Der Raum war proppenvoll.
Die Petition der Studenten hat in kürzester Zeit 2.600 Unterschriften erreicht. Ich muss wirklich sagen, die Studenten haben sich hier in den letzten Monaten sehr konstruktiv eingebracht. Auch sie haben ganz klar ein Interesse daran bekundet, dass die Juristenausbildung reformiert und verbessert wird. Aber eines haben sie konstant verdeutlicht: Die Erhöhung von Druck ist wirklich nicht das, was jetzt angebracht ist!
Auch der Dekan der juristischen Fakultät hat dem Ministerium ja wiederholt Gespräche mit Blick auf den Prüfungskatalog angeboten und ich denke das sollten Sie unbedingt wahrnehmen. Vor allem die siebte Klausur, die die zweite Strafrechtsklausur werden soll, steht bei den Studenten in der Kritik. Schleswig-Holstein prescht hier aus ihrer Sicht unnötig vor, denn bisher konnte nicht dargelegt werden, dass eine zweite Strafrechtsklausur tatsächlich zu besseren Ergebnissen führt. Mit Blick auf Wechselmöglichkeiten in ein anderes Bundesland nach dem Grundstudium kann sich die siebte Klausur für uns zu einem echten Wettbewerbsnachteil um Nachwuchs entwickeln.
Wie könnte das Jurastudium reformiert werden? Das Bündnis zur Reform der juristischen Ausbildung e.V. hat die größte Umfrage zur Reform der juristischen Ausbildung in der Geschichte der Bundesrepublik durchgeführt. Dort erfreuen sich folgende Vorschläge großer Beliebtheit:
Einführung des E-Examens, Zulassung anderer Prüf- und Unterrichtsformen und bessere Betreuungsschlüssel an den Universitäten.
Und deswegen stimmen wir als SSW damit überein, auf die Verschärfung der JAVO zu verzichten und die bestehende Verordnung zu verlängern, um dann wirklich für Verbesserungen für die Studenten zu sorgen. Damit dann das Studium der Rechtswissenschaft wieder frei nach Goethe als „herrlich“ gelten kann.