Rede · Sybilla Nitsch · 18.07.2024 Das gemeinsame Musizieren gibt ein herrliches Gemeinschaftsgefühl

„Ein Musikschulsterben muss unbedingt verhindert werden.“

Sybilla Nitsch zu TOP 29 -. Musikschullandschaften erhalten – Überbrückungsfonds auflegen (Drs. 20/2332)

Wir wissen es alle, unsere Musikschulen sind massiv unter Druck. Das Herrenberg-Urteil aus dem Juni 2022 ist wie ein Paukenschlag durch die Institutionen gegangen. 
Das Bundessozialgericht hat festgestellt, ab wann eine Musikschullehrkraft in ihrer Institution eingegliedert ist und damit eben auch Anspruch auf umfassende soziale Absicherung, analog denen einer Angestellten hat. 
Laut Urteil sind rechtssichere Beschäftigung der Lehrenden nur im Rahmen einer Festanstellung mit Sozialversicherungsabgaben möglich. 
Hieran ist bei weitem nicht alles schlecht. Denn es muss uns ein Anliegen sein, vor allem an Institutionen, die öffentliche Gelder beziehen, für ordentliche Anstellungsverhältnisse zu sorgen. 
Es gab durchaus Fälle, wo man es eher mit Scheinselbstständigkeiten zu tun hatte und diese müssen wir vermeiden. 
Aber damit kommen auf die Musikschulen auch große Mehrkosten zu. 
Einige Musikschulen haben da bereits Wege gefunden, ich möchte da einmal ganz klar Lösungen aus Nordfriesland benennen. Hier hat der Kreis im Rahmen eines Nachtragshaushaltes schnell reagiert und weitere Mittel für die Musikschulen zur Verfügung gestellt. Der Kreistag hat in diesem Rahmen fünf weitere Vollzeitstellen genehmigt und dafür gesorgt, dass weitestgehend aufgefangen werden kann, was durch die weggefallenen Honorarkräfte an Unterricht abgedeckt worden wäre. 
Nun haben wir in Nordfriesland zum Glück ohnehin schon bessere Voraussetzungen, denn hier sichert eine Stiftung die Musikschule ab. Außerdem waren auch vorher bereits 2/3 der tätigen Lehrkräfte festangestellt. 
Nichtsdestotrotz, ich finde es ist eine Besonderheit, und deswegen wirklich lobenswert, wie schnell hier alle miteinander an einem Stranggezogen haben. 
Auch der Schul-, Kultur- und Sportausschuss der Stadt Husum hat gerade erst beschlossen, die freiwilligen Leistungen der kommunalen Zuschüsse massiv zu erhöhen. Ich bin froh, dass die kommunale Politik so sicher hinter ihren Musikschulen steht.
Trotzdem ist das Problem damit nicht aus der Welt. Da, wo die Musikschulen nun von den Stiftungsmitteln profitieren, müssen andere womöglich mit Kürzungen leben, aber auch Stiftungsmittel sind begrenzt. 
Außerdem gibt es viele Kreise, die diese Möglichkeit nicht haben. Da, wo die Musikschulen frei oder in Vereinen organisiert sind und es diese Formen der Rücklagen nicht gibt. 
Und deswegen muss das Land auch gucken, inwieweit es die Musikschulen anders und besser unterstützen kann, wenn wir die jetzige Struktur behalten wollen.
Dabei ist es aus Sicht des SSW fast zweitrangig, ob das mit einem Verfügungsfond passiert oder mithilfe einer anderen Lösung, die gemeinsam mit den Musikschulen erarbeitet wird. Wir haben große Sympathien für die Lösung mit einem Verfügungsfond, weil er eben direkt greifen könnte, auch da, wo nach den Sommerferien hohe Kosten anfallen. Aber möglicherweise hat die Landesregierung da noch eine andere Lösung, die ebenso schnell ziehen würde. Es ist fast egal, Hauptsache sie kommt und sie kommt bald. Wir als SSW jedenfalls könnten beiden Vorgehensweisen zustimmen. 
Dabei hat sicherlich niemand von uns vergessen, dass es sich hierbei vor allem um eine Übergangshandlung handelt und es eines vielleicht dringender als je zuvor braucht: Ein Musikschulfördergesetz. Es sollte ursprünglich, so von uns allen beschlossen, zum zweiten Quartal 2024 auf den Weg gebracht werden, wurde dann für die erste Jahreshälfte 2025 vorgesehen und soll nach aktuellem Stand zum 01.01.2026 in Kraft treten. Hier ist es bereits zu starken Verzögerungen kommen, es wird am Ende um die Rettung unserer Musikschullandschaft gehen. 
Ich habe als Lehrerin so viele gute Erfahrungen durch die Zusammenarbeit mit Musikschulen bei meinen Schülerinnen und Schülern beobachten können. Ob es das Frederiksstad Orkester war oder das Orchester des dänischen Schulvereins „SKURK“, beide haben unzählige Veranstaltungen geprägt und bereichert, zuletzt die Eröffnung der Europeada. Vor allem aber bleibt mir in Erinnerung, welche Entwicklungen ich bei den Schülerinnen und Schülern beobachten konnte. Da kam Talent zum Vorschein, wurde Begeisterung geweckt und Selbstbewusstsein enorm gestärkt. Ganz abgesehen davon, welchen positiven Effekt das gemeinsame Musizieren für das Gemeinschaftsgefühl hatte.
Ein Musikschulsterben muss unbedingt verhindert werden.

 

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