Press release · Lars Harms · 05.05.2021 Unambitioniert und anspruchslos
Zum heutigen Beschluss der Jamaika-Fraktionen im Innenausschuss zum TOP 3 IntTeilhG erklärt der innenpolitische Sprecher des SSW im Landtag, Lars Harms:
Ich gehe enttäuscht aus der heutigen Sitzung des Innenausschusses. Wir beschäftigen uns seit Mitte 2019 im Land mit dem Integrations- und Teilhabegesetz. Es ist ein vernünftiger Ansatz, einen Gesetzesentwurf dieser Art zu beschließen. Aber er bleibt meilenweit hinter unseren Erwartungen zurück.
Wir als SSW haben bereits vor einem Jahr unseren Änderungsantrag zum Gesetz gestellt, in dem wir viele hilfreiche Anregungen und Forderungen aus der Anhörung übernommen haben. Wir haben Gesundheitsleistungen und psychotherapeutische Angebote aufgenommen und den erleichterten Zugang für Menschen mit Sprachbarrieren durch ihren Migrationshintergrund zu Angeboten für Senior:innen, insbesondere in der Pflege gefordert.
Wir haben im Sinne der Integration und Teilhabe einen bedarfsgerechten und kostenfreien Zugang zu Sprachkursen, unabhängig vom Aufenthaltsstatus in unserem Änderungsantrag festgeschrieben. Informationen des Landes sollten immer auch in den Herkunftssprachen von Menschen mit Migrationshintergrund zur Verfügung gestellt werden.
Und wir haben festgehalten, dass das Land die sprachlichen und kulturellen Fertigkeiten der Menschen mit Migrationshintergrund als Bereicherung ansieht und die Nutzung und Weitergabe der Herkunftssprachen fördert. Das entspricht unserem Selbstverständnis als Minderheitenpartei. Zudem sollte die Schulpflicht ausgeweitet und ermöglicht werden, dass anerkannte Flüchtlinge bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres eine schulische Ausbildung an einer Berufsschule absolvieren können. Schulabschlüsse, die nicht nachgewiesen werden können, sollten nach unserem Antrag durch Prüfungen bestätigt werden können. Nichts von alledem hat Jamaika in ihrem Antrag umgesetzt.
Besonders zu bedauern ist aus unserer Sicht, dass unser Vorschlag zur Festigung der Integrationsstrukturen durch Integrationsbeauftragte in Kreisen und kreisfreien Städten, die auch in der Anhörung gefordert wurden, nicht von den Regierenden übernommen worden ist. Wir zweifeln daher nicht nur an dieser Stelle an den tatsächlichen Auswirkungen des Gesetzes.
Ein hartnäckig fahler Beigeschmack bleibt für mich im § 7 Abs. 1, der bereits im Vorfeld für besonders intensive Diskussionen gesorgt hat. Wir haben einen durchaus mehrheitsfähigen Gegenvorschlag gemacht, in dem wir pragmatisch feststellen, dass Ausländische Staatsbürger:innen, die sich in Schleswig-Holstein niederlassen wollen, über das Grundgesetz, die Landesverfassung sowie die damit verbunden gemeinsamen Grundwerte zu informieren sind. Alles, was darüber hinaus geht, ist unnötig und wird mit einem pochenden Störgefühl behaftet bleiben.
Wir müssen feststellen, dass der Jamaika-Antrag trotz der langen Zeit, die vergangen ist, unambitioniert und anspruchslos bleibt. Scheinbar hat auch die jahrelange Beratungszeit die Koalitionäre nicht dazu bewegen können, ein spürbares, gemeinsames Ziel vorzugeben.
Der Gesetzesentwurf bleibt an vielen Stellen unkonkret und scheint vor allem das Ergebnis eines Aushandelns zu sein, das nicht mehr an der Sache orientiert ist. Anders lässt sich der lasche Eigenanspruch nicht erklären. Uns bleibt daher nur, in der nächsten Legislatur auf andere Mehrheiten zu hoffen.