Speech · Sybilla Nitsch · 15.06.2023 Mehr Öffnungszeiten in öffentlichen Bibliotheken ermöglichen
„Wir wollen Sonntage zu Lesetagen machen.“
Sybilla Nitsch zu TOP 23 - Mehr Öffnungszeiten in öffentlichen Bibliotheken ermöglichen (Drs. 20/1061)
Bibliotheken sind uns beim SSW immer ein besonderes Anliegen. Wer sich durch die Anträge der letzten Jahre dazu wühlt, findet heraus, dass Anke Spoorendonk 2016 als Ministerin für Kultur die Situation der Bibliotheken mit dem ersten Büchereigesetz in der Geschichte des Landes deutlich verbessert hat.
Der SSW als Fraktion hat dann 2018 einen Gesetzentwurf zur Gebührenfreiheit vorgelegt, um jedwede Form der Zugangsbeschränkung durch Kostenfaktoren aufzuheben.
Unser Vorschlag wurde abgelehnt. Daher versuchen wir jetzt, Bibliotheken auf einem anderen Weg nutzbarer und attraktiver zu machen. Nämlich über die Öffnungszeiten.
Wir wollen dafür sorgen, dass man auch sonntags in die Bibliothek gehen kann. So wie es übrigens in ganz Dänemark in öffentlichen Bibliotheken möglich ist.
Ich persönlich habe es lange ganz selbstverständlich gefunden, Sonntage in der Bibliothek zu verbringen. Da hatte ich Glück, denn ich habe in Kiel studiert und konnte so sonntags die Unibibliothek nutzen. Mir hat das sehr viel gebracht, denn auch für Studierende ist es so, dass Sonntage oftmals die Tage sind, an denen keine weiteren Verpflichtungen anstehen und die zum lesen und lernen genutzt werden können.
Mit Blick auf die öffentlichen Bibliotheken gilt ähnliches auch für andere Zielgruppen. Wir haben da besonders an Familien mit kleinen Kindern gedacht.
Es ist nun mal einfach so, die Lebensrealität der Menschen hat sich verändert. In den allermeisten Familien sind beide Elternteile berufstätig. Für Alleinerziehende gilt das ohnehin noch einmal verstärkt. Samstage müssen dafür herhalten, all das zu erledigen, was unter der Woche schwer vereinbar ist; putzen, einkaufen, sie kennen das. Und dafür kann man an Sonntagen dann aber auch gemeinsam etwas unternehmen. Nur in die Büchereien kann man eben nicht, weil sie sonntags schließen.
Wir finden, dass Politik auch auf veränderte Bedürfnisse und Lebensumstände der Bevölkerung reagieren sollte. Wollen wir die Idee der „Dritten Orten“ weiterverfolgen und diese lebendig gestalten, müssen auch hier erweiterte Öffnungszeiten möglich sein. Wir wollen Sonntage zu Lesetagen machen.
Und daher fordern wir die Landesregierung jetzt auf, im Rahmen des Kulturdialoges Gespräche
aufzunehmen, um Öffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen in öffentlichen
Bibliotheken einzurichten. Gemeinsam mit den relevanten Akteuren und ohne allzu strikte Vorgaben zur Umsetzung. So kann das aus unserer Sicht auch rechtssicher und zuverlässig funktionieren.
Nun wurde ja gestern ein Alternativantrag der regierungstragenden Fraktionen eingereicht. Wir finden diesen Antrag nicht per se schlecht. Aber ich möchte trotzdem dafür werben, dem SSW-Antrag zuzustimmen.
Denn je nachdem, welches Konzept von Open Library man sich vorstellt und das ist in ihrem Antrag ja nicht näher definiert, sind auch offene Bibliotheken ohne Personal oder Ehrenamtliche gemeint.
Wir als SSW wollen aber gerne auch Menschen vor Ort wissen, die die Nutzerinnen und Nutzer beraten und ihnen bei Fragen oder Problemen weiterhelfen können. Das sieht der Alternativvortrag unserem Verständnis nach nicht unbedingt vor.
Genauso wenig wie ein klares Bekenntnis zu Öffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen.
Stattdessen wird nur noch von "Öffnungszeiten an Wochenenden und in den Abendstunden" gesprochen.
Der Deutsche Bibliotheksverband fordert seit Jahren, Sonntagsöffnungszeiten für Bibliotheken zu ermöglichen. Und er weist explizit darauf hin, dass es hierfür keine bundesweite Regelung braucht.
Klar, das wäre wünschenswert und die Ampel-Koalition im Bund hat in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass sie sich darum kümmern möchte.
Für eine bundeseinheitliche Regelung braucht es aber eine Änderung des Bundesarbeitszeitgesetzes durch eine Ausnahmeregelung vom Beschäftigungsverbot an Sonn- und Feiertagen.
Und ganz ehrlich: das kann dauern.
Wir müssen darauf nicht warten.
Hessen und Nordrhein-Westfahlen machen es vor. Die einen mit Ehrenamtlichen, die anderen mit hauptamtlichem Personal und einem dazugehörigen Förderprogramm.
Sie sehen: Man muss nicht immer auf den Bund schielen. Man muss auch nicht prüfen und hoffen.
Man kann als Parlament und regierungstragende Fraktionen ganz selbstbewusst die Landesregierung dazu auffordern, JETZT etwas umzusetzen. Und genau das tun wir in unserem Antrag.