Speech · Lars Harms · 24.01.2020 Gewalt an Schulen taugt nicht für populistische Anträge

Die AfD ist die Fleisch gewordene Facebook-Aufregerkommentarspalte.

Lars Harms am Meer

Lars Harms: TOP 26 - Expertenanhörung zum Thema „Mobbing und Gewalt an Schulen“ (Drs. 19/1936)

Der Bildungsausschuss hat vor etwas über einem Jahr die Ministerin darum gebeten, über das Thema Gewalt an Schulen und die Erfahrungen mit der neuen Datenbank für Gewaltvorkomnisse an Schulen schriftlich zu berichten. Dem ist die Ministerin nachgekommen und hat uns im Dezember einen schriftlichen Bericht vorgelegt. 
Erfasst werden Gewaltvorkomnisse, bei denen Schulen in irgendeiner Form disziplinarische Strafen ausgesprochen haben. Das bedeutet zum einen, dass auch Fälle erfasst werden, die unterhalb von Straftatbeständen und außerhalb von Kriminalstatistiken liegen. Zum Anderen aber natürlich auch, dass nicht absolut jeder Vorfall erfasst wird. Das ist, finde ich aber auch ganz gut so. 

Was sind denn die ersten Erkenntnisse?
Im Schuljahr 2018/19 gab es an unseren Schulen demnach 585 Einzelfälle, mit insgesamt 756 Taten. Mehr Taten als Fälle, weil verschiedene Formen von Gewalt, die ja oft miteinander einhergehen, aufgelistet werden. 585 Fälle also, bei 370.000 Schülern und etwa 28.500 Lehrkräften. Die Hälfte der Taten sind Körperverletzungen, zwei Drittel der Taten spielen sich innerhalb der Schülerschaft ab, ein Drittel trifft auch die Lehrkräfte. Die meisten Taten wurden von Jungen begangen und eher in der Stadt als auf dem Land. Soweit so gut, oder eben schlecht.  

Das, was die AfD uns nun in ihrer aktionistischen Art mit ihrem Antrag genommen hat ist, sich an dieser Stelle auch mit der Auswertung des Ministeriums auseinander zu setzen. 
Wie haben die Schulen auf diese Ergebnisse reagiert? Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung? Welche Präventionsmaßnahmen stehen im Raum? Warum ist das Meldeaufkommen in den Regionen so unterschiedlich? Sind es überhaupt die Schulen, die Vorfälle gemeldet haben, die Probleme haben? Oder sind sie einfach nur besonders aufmerksam? Bräuchten eigentlich andere Schulen Unterstützung?
Die Ministerin hat selbst schon kundgetan, dass die Dunkelziffer vermutlich weit höher liegt – was im Übrigen bei fast 400.000 Menschen im System an 795 Schulen auch nicht weiter verwunderlich wäre – wie gedenkt sie also, an verlässliche Zahlen zu kommen? 
Natürlich müssen wir darauf Antworten bekommen. Aber auch als Oppositionspolitiker stehe ich doch einer Ministerin, die auch selbst auf die Probleme hinweist eine Reaktionszeit zu. 
Wenn wir uns mal anschauen, was der aktuellste Eintrag auf der Seite des Bildungsministeriums ist, dann war das original am 10. Dezember die Meldung „Gegen Gewalt an Schulen“. 

Schauen wir auch nochmal genau in den Antrag, was wir, wenn es nach der AfD geht, beschließen sollen: 
Mobbing und Gewalt hätten sich in einem nicht mehr tolerierbarem Maße Bahn brechen können. Nein. Das ist eine derartige Überspitzung, dass ich mich wirklich frage, in welcher Welt sie leben. 
Die mediale Berichterstattung über verbale und körperliche Gewalt würden lediglich die Spitze des Ausmaßes der Gewalt darstellen. Nein. Die mediale Berichterstattung war mehr als ausreichend. Sowohl im Einzelfall als auch generell. 
Jetzt bin ich in der merkwürdigen Rolle, als Politiker der Opposition die Ministerin der Regierungskoalition vor einer anderen Oppositionspartei zu verteidigen, aber ich muss ganz ehrlich sagen: 
Ich verstehe dieses unangebrachte Vorgehen einfach nicht. 
Herr Brodehl, wem versuchen Sie denn hier etwas vorzumachen? Sie suggerieren Geschäftigkeit, während Sie eigentlich hinterherhinken und versuchen, Panik zu verbreiten. 
Ihre Fraktion ist die Fleisch gewordene Facebook-Aufregerkommentarspalte.
Ich finde, dieses Thema eignet sich nicht, um sich zu profilieren.

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