Press release · 10.04.2003 EU-Minderheitenpolitik ist unglaubwürdig
Nach einem dreitägigen Informationsbesuch in Brüssel fordert der SSW im Landtag ein größeres Engagement für die Minderheitenpolitik auf europäischer Ebene ein. Hierzu erklärt der stellvertretende Vorsitzende des SSW im Landtag, Lars Harms:
Die EU-Kommission hat seit 1999 die eigenständige Förderung von Minderheitensprachen aufgegeben und auf andere Programme verlagert. Dadurch besteht die große Gefahr, dass die EU-Sprachenpolitik sich zunehmend auf die Förderung der großen Sprachen konzentriert. Deshalb fordern wir jetzt, dass wieder eine eigenständige Budgetlinie für die Förderung der Sprachenvielfalt eingerichtet wird und dass die Minderheitensprachen ihren Anteil an diesem Topf bekommen. Wir haben mit dem Europäischen Bureau für weniger verbreitete Sprachen (EBLUL) erörtert, dass die regionalen Parlamente mobilisiert werden müssen und werden selbst das Problem im Landtag aufgreifen.
Als enttäuschend bezeichnet Lars Harms, dass die Bundesrepublik sich nicht stärker für Minderheitenschutz in der europäischen Verfassung einsetzt:
Der Landtag hat vor mehreren Monaten in einer Resolution an das Europäische Konvent und die Bundesregierung gefordert, den Schutz und die Förderung von Minderheiten in der EU-Verfassung explizit zu berücksichtigen. Unser Gespräch im Konvent hat aber bestätigt, dass weder das Konvents-Präsidium noch die Bundesregierung den Wunsch der MInderheiten berücksichtigt haben. Bislang läuft es darauf hinaus, dass in einem allgemeineren Artikel stehen wird, dass die EU die sprachliche Vielfalt respektiert. Dies ist viel zu zahm. Wir fordern weiterhin einen eigenen Artikel, der Schutz und Förderung von Minderheiten garantiert. Es ist sehr enttäuschend, dass die Bundesregierung mit Blick auf Frankreich, Spanien und Griechenland davon absieht, einen eigenen Vorschlag einzubringen, obwohl der Bundeskanzler und der Außenminister entsprechende Zusagen gemacht haben.
Die Minderheitenpolitik der EU ist unglaubwürdig, wenn sie einerseits von den Beitrittsländern die strenge Einhaltung des Minderheitenschutzes fordert, während einige alte EU-Staaten weiterhin die Existenz nationaler Minderheiten im eigenen Land leugnen und deshalb eine gemeinsame Minderheitenpolitik blockieren.