Rede · Christian Dirschauer · 27.09.2024 Die Gleichstellung muss endlich auch in den Gerichten ankommen!

„Fortan gilt: Gerichtssprache Englisch: no problem. Gerichtssprache Dänisch: nej tak.“

Christian Dirschauer zu TOP 18 - Gebrauch von Minderheiten- und Regionalsprachen auch vor den Gerichten – Bundesratsinitiative für eine Ausweitung des § 184 des Gerichtsverfassungsgesetzes (Drs. 20/2464)

Für Einige mag dies ein ungewöhnliches Thema sein, aber wir als SSW arbeiten seit über zehn Jahren daran, einen bestimmten Paragraphen zu ändern und ich möchte Ihnen gerne erklären, warum. 
Wir als nationale Minderheitenpartei setzen uns seit vielen Jahren dafür ein, dass Minderheiten- und Regionalsprachen in Deutschland auch vor den Gerichten gebraucht werden dürfen.

Dafür ändern müsste man einen bestimmten Paragraphen und zwar den § 184 des 
Gerichtsverfassungsgesetzes. Dieser regelt abschließend, dass die Gerichtssprache deutsch ist. 
Einzige Ausnahme bisher findet sich im Satz 2, der es Sorbinnen und Sorben zusichert, in den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung vor Gericht sorbisch zu sprechen. Den Umstand, dass Sorbinnen und Sorben bisher die einzige anerkannte Minderheit in Deutschland sind, die in ihrer eigenen Sprache sprechen und Unterlagen einreichen darf und wo im Zweifelsfall der Staat die Übersetzungskosten übernimmt, wollen wir ändern.  Und zwar so, dass er für alle anerkannten Minderheiten- und Regionalsprachen in ihren traditionellen Gebieten gilt. Mit einem offiziellen Status für Dänisch, Friesisch, Romanes und Niederdeutsch in deutschen Gerichten.

Derzeit ist es nämlich immer noch so, dass Organisationen der Minderheiten oder ihre Angehörigen ihre Dokumente, im Original auf den jeweiligen Sprachen, auf eigene Kosten übersetzen lassen müssen. 
Nun waren wir in dieser Hinsicht eigentlich schon auf einem ziemlich guten Weg. Es gab 2021 einen Gesetzentwurf, der mit den Bundesländern abgestimmt und in den Bundestag gegangen war. 
Die Gerichtssprache betreffend war darin folgendes vorgesehen:

(1) Gerichtssprache generell sollte Deutsch bleiben. 
(2) Für die Angehörigen aller national anerkannten Minderheiten, sowie Sprecherinnen und Sprecher der Regionalsprache Niederdeutsch sollte gewährleistet werden, ihre Sprachen im Sinne der europäischen Sprachencharta in denjenigen Gerichtsbezirken gebrauchen zu können in denen diese Sprache gesprochen und gepflegt werden.  
(3) Die Gerichtsbezirke sollten von den Landesregierungen durch Rechtsverordnung festgelegt werden.

Es sollte also einzig und allein für alle Minderheiten- und Regionalsprachen das gelten, was für das Sorbische jetzt schon möglich ist. Und zwar in den angestammten Siedlungsgebieten der Minderheiten. Es geht also nicht darum, dass irgendjemand in München vor Gericht Dänisch sprechen können soll.

Kurios und ehrlich gesagt auch ziemlich irritierend sind für uns nun vor allem zwei Punkte:

Erstens: Wir sind im Kontaktausschuss, also im beratenden Ausschuss für Fragen der dänischen Minderheit, der nur ein Mal im Jahr tagt, Anfang September ohne Vorankündigung davon unterrichtet worden, dass Bundesjustizminister Buschmann die Initiative um Regional- und Minderheitensprachen vor Gericht nicht weiter verfolgen wird. 
Mich hat das, so viel ist auch in der Ausschusssitzung schon deutlich geworden, maßlos geärgert. 
Nachdem die Initiative im Kabinett Merkel mit einem SPD-Justizministerium auf einem sehr guten Weg war, soll sie nun im Kabinett Scholz mit einem FDP-Justizministerium scheitern.

Zweitens: Kurz nachdem wir von der Ablehnung unseres Wunsches erfuhren, beschloss der Deutsche Bundestag einen Gesetzesentwurf, der vorsieht, die landgerichtlichen Zivilverfahren im Bereich der Wirtschaftszivilsachen für die Gerichtssprache Englisch zu öffnen. 
Also gilt fortan Gerichtssprache Englisch: no problem. Gerichtssprache Dänisch: nej tak. 
Es tut mir leid, aber dass ab jetzt ein Großaktionär der britischen Bank seine Schriftstücke auf kompliziertestem Wirtschaftsenglisch einreichen kann, ein Flensburger Maurer, der in Dänemark arbeitet aber seinen Lohnzettel nicht, das, meine Damen und Herren, ist echt schräg.

Wir fordern daher jetzt die Landesregierung auf, im Rahmen einer Bundesratsinitiative für Abhilfe zu sorgen. Und von den schleswig-holsteinischen Bundestagsabgeordneten erwarte ich im Übrigen genau den gleichen Einsatz. Die Legislatur im Bundestag dauert regulär noch ein Jahr, Zeit genug, um die bereits erarbeitete Initiative aus der letzten Legislatur umzusetzen.

 

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