Speech · Sybilla Nitsch · 21.11.2024 Die Büchse der Pandora muss geschlossen bleiben!

„Lange Zeit hatten wir einen politischen Konsens, der jetzt aufgekündigt wird. Sie öffnen Tür und Tor für eine Risikotechnologie, die sie nicht kontrollieren können. Sie ebnen den Weg, um die fossilen Energieträger weiter am Leben zu halten. Sie machen Schleswig-Holstein zur Müllkippe der Nation. Das ist ihr Verständnis von Technologieoffenheit und Pragmatismus, aber nicht das vom SSW.“

Sybilla Nitsch zu TOP 30 - Kein CCS in Schleswig-Holstein und deutschen Küstengewässern in der ausschließlichen Wirtschaftszone sowie Carbon Management Strategie des Bundes konstruktiv begleiten (Drs. 20/2555 +20/2556)

Beim Thema CCS und dem Verpressen von CO2 in der Nordsee fällt mir eine Liedzeile des niederländischen Liedermachers Robert Long ein, die ich gerne zitieren möchte:
„Feste, Jungs, macht nur weiter so, Ihr bekommt schon alles kaputt!
Leitet alles Gift ins Meer, Dreck und Scheiße hinterher! Macht den Ozean zum Klo!“ 
Dieses Lied aus dem Jahr 1979 steht im Kontext zu den Umweltsünden der Zeit, wie das Versenken von Atomfässern oder dem Verklappen von Dünnsäure in der Nordsee. Nach dem Motto aus den Augen aus dem Sinn, es wird schon gut gehen und irgendwo muss es ja hin. 
Was aus heutiger Sicht undenkbar wäre, bekommt aber mit der CCS-Technologie und der CO2-Speicherung seewärts der 12-Meilen-Zone eine neue Dimension. Unter dem Deckmantel des Pragmatismus und der Technologieoffenheit wird jetzt politisch der Weg bereitet, um die CCS-Technologie auf den Weg zu bringen. 
Lange Zeit war der Landtag geschlossen in seiner Ablehnung bezüglich CCS in Schleswig-Holstein - sowohl an Land als auch im Meer. Zuletzt wurde dies im Juni 2022 mit dem Antrag 20/24 (neu) wieder bekräftigt. 
Ein halbes Jahr später ist die Koalition von CDU und Grünen gekippt und hat mit ihrem Antrag eine Kehrtwende eingeleitet. Demnach seien für unvermeidbare Restemissionen weitere Maßnahmen wie CCS und CCU erforderlich, um die Klimaziele zu erreichen. 
Auch wir als SSW stehen zu den Klimazielen. Das möchte ich mit aller Deutlichkeit sagen. Es ist aber die Frage, welchen Weg wir dabei einschlagen wollen. Den Vorwurf, wir würden die Antwort hierauf schuldig bleiben, weise ich zurück. Wir als SSW haben uns immer dafür ausgesprochen die regenerativen Energien auszubauen, wir wollen weg von den fossilen Energieträgern, die Energieeffizienz muss erhöht werden und die Energieeinsparungen müssen vorangetrieben werden. Genau bei diesem Punkt springt die Kette ab. Denn die Etablierung der CCS-Technologie ist nicht nur teuer, das Abscheiden, der Transport und das Speichern von CO2 ist auch energieintensiv. Das Umweltbundesamt geht davon aus, dass der Einsatz der CCS-Technologie den Verbrauch der fossilen Rohstoffe um bis zu 40 Prozent erhöht. 
Gleichwohl wissen wir, dass es Industrien gibt, die längerfristig nicht ohne CO2-Emissionen funktionieren. Beispielhaft werden die Glas- und Zementindustrie als auch die Abfallwirtschaft angeführt. Die Emissionen aus diesen Bereichen, werden aber nicht ausreichen, um CCS rentabel zu machen. Die CCS-Technologie rechnet sich erst im großen Umfang und damit wird die Büchse der Pandora geöffnet. WinterShall Dea hat hier in der Anhörung deutlich gemacht, dass solche Projekte nur dann rentabel sind, wenn große Mengen verpresst werden. Die CCS-Technologie fußt also auf einem System, das nur funktioniert, wenn es mit großen Mengen CO2 versorgt wird. Und genau das werden wir erreichen, wenn Deutschland anfängt, blauen Wassersoff im großen Stil herzustellen oder einzukaufen. Die Produktion von blauem Wasserstoff unter Einsatz fossiler Energieträger, wie Erdgas, ist immens Energieaufwendig und das CO2 muss dann ja irgendwo hin. Blauer Wasserstoff ist nicht klimaneutral, nur weil das entstehende CO2 unter die Erde verpresst wird. Das ist Greenwashing von Gaskraftwerken und vom blauen Wasserstoff. 
Der Transformation unserer Energiewirtschaft, weg von den fossilen und hin zu regenerativen Energieformen, leisten wir mit CCS einen Bärendienst. Und treibhausintensiven Industrien wird ein „weiter so“ ermöglicht. Mit CCS setzten sie die falschen politischen Signale. 
Die Behauptungen, das Verpressen und insbesondere das Speichern von CO2 im Untergrund sei erprobt und sicher, ist schlichtweg falsch. Es gibt derzeit keine Langzeiterfahrungen mit dem Verpressen und Speichern von CO2 im großen industriellen Maßstab. Niemand in der Anhörung hat von 100%iger Sicherheit gesprochen. Leckagen in den Pipelines oder im Untergrund können nicht ausgeschlossen werden. Ausschließen können wir aber die Rückholbarkeit aus dem Untergrund. Wenn sich herausstellt, dass sich das CO2 anders verhält als erwartet, was dann? 
Lange Zeit hatten wir einen politischen Konsens, der jetzt aufgekündigt wird. Sie öffnen Tür und Tor für eine Risikotechnologie, die sie nicht kontrollieren können. Sie ebnen den Weg, um die fossilen Energieträger weiter am Leben zu halten. Sie machen Schleswig-Holstein zur Müllkippe der Nation. Das ist ihr Verständnis von Technologieoffenheit und Pragmatismus, aber nicht das vom SSW.

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