Speech · Christian Dirschauer · 24.11.2021 Der SSW will viel mehr regionale Wertschöpfung

„Es fehlen klare Vorgaben zur Klimaneutralität, zum Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln, zum Erhalt der Biodiversität oder des Landschaftsschutzes. Es sind auch keine sozialen Aspekte in der Förderkulisse berücksichtigt. Von einem echten Systemwechsel kann daher keine Rede sein.“

Christian Dirschauer zu TOP 27 + 48 - Bericht zur Gemeinsamen Agrarpolitik und Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (Drs. 19/3409 und 19/3403)

Die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) ist für den ländlichen Raum und den Küstenschutz das wichtigste nationale Förderinstrument. Wir haben immer wieder über die Herausforderungen gesprochen vor der die Landwirtschaft steht. Ob es die gesellschaftlichen Anforderungen sind nach mehr Tierwohl, die naturschutzfachlichen Anforderungen in Bezug auf Biodiversität oder Gewässerschutz oder auch die Auswirkungen des Klimawandels, allein dies zeigt, dass die Landwirtschaft heute neu gedacht werden muss. Auf der anderen Seite haben wir das Höfesterben, das wie ein Damoklesschwert über den Betrieben schwebt. Wir verlieren jedes Jahr Betriebe und auch hier gilt: was einmal weg ist kommt nicht wieder. Dieser Entwicklung muss Einhalt geboten werden, denn wir wollen alle, dass auch die kleineren familiengeführten Betriebe überlebensfähig bleiben.
Hier müssen wir als Politik den Landwirten an der Seite stehen, um sie fit zu machen für die Aufgaben vor denen sie stehen. Und da sind natürlich die Förderprogramme, die entscheidenden politischen Instrumente für die Landwirte und den ländlichen Raum. Auch aus diesem Grund können wir die GAK nicht ohne die EU-Förderkulisse betrachten. Wichtig für alle Instrumente ist, dass sie auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sind und an das gesellschaftliche Interesse gekoppelt sind. 
Für die Zukunftsfähigkeit des ländlichen Raumes ist insbesondere die Sicherung der Daseinsvorsoge sowie die Ortskernentwicklung von Belang sowie Vorhaben der Bildungsinfrastruktur und Projekte mit dem Ziel, den demografischen Wandel zu managen. Daneben ist gerade der Ausbau der Breitbandinfrastruktur ein wichtiger Bestandteil des Förderbereichs. 
Für den SSW ist die regionale Veredelung und Vermarktung von landwirtschaftlichen Produkten ein absolutes Muss. Lange Transporte müssen vermieden werden. Das fängt beim Tiertransport an und hört beim fertigen Produkt auf. Daher begrüßen wir, dass die Förderung der Schlacht- und Zerlegungsbetriebe ausgeweitet wird. Das stärkt die eigenen Unternehmen, schafft regionale Schlachtstrukturen und vor allem die regionale Wertschöpfung. 
Ebenso begrüßen wir, dass der Ökolandbau und besonders nachhaltige Verfahren im Ackerbau gefördert werden. Gerade die Diskussionen um Gewässerbelastung haben deutlich gemacht, dass wir in Teilen weit mehr tun müssen als bisher. Wer sich daher für seinen Betrieb oder für seine Ackerflächen auf die Fahnen schreibt, mehr zu tun, als das Dünge- und Pflanzenschutzrecht erfordert, der verdient einen finanziellen Ausgleich. 
Den Küstenschutz möchte ich nicht unerwähnt lassen, denn er ist ein wesentlicher Bestandteil der GAK und eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Insgesamt belaufen sich die Mittel für den Küstenschutz auf 82,2 Mio. Euro aus verschiedenen Programmen. Abgedeckt werden davon die notwendigen Maßnahmen zur Küstensicherung. Die im Generalplan Küstenschutz genannten Kosten zur prioritären Deichverstärkung werden zur Zeit mit rund 370 Mio. Euro angegeben. Spätere Verstärkungen oder Anpassungen aufgrund des Klimawandels, sind dabei noch nicht enthalten. Es wird bereits viel für den Küstenschutz getan und das ist gut so, aber der Bund muss auch erkennen, dass angesichts der klimatischen Veränderungen weit mehr getan werden muss. Küstenschutz ist eine Solidar-Aufgabe und der Bund darf die Küstenländer damit nicht allein lassen. 

Mit der gestrigen Einigung im Europaparlament wurde ein langwieriger und zäher Kompromiss für die Förderperiode 2023 – 2027 verabschiedet. Mit der Neuausrichtung der Agrarzuschüsse werden die Mittel der 1. Säule neu verteilt und wir reden hierbei um rund 387 Milliarden Euro. Künftig sollen demnach 25% davon für Umweltprogramme ausgegeben werden. Der SSW hat sich immer dafür ausgesprochen die Gelder der 1. Säule nicht flächenbezogen auszugeben, sondern zweckgebunden. Das Prinzip, je größer der Betrieb, desto mehr Geld, muss beendet werden. Leider ist dies nicht geschehen und es wurde auch keine Kappungsgrenze eingeführt. Wir brauchen andere Kriterien als die Betriebsgrößen. Zwar ist mit der Viertellösung nun ein solcher Ansatz gefunden worden, aber das reicht aus unserer Sicht nicht aus.
Es fehlen auch klare Vorgaben zur Klimaneutralität, zum Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln, zum Erhalt der Biodiversität oder des Landschaftsschutzes. Es sind auch keine sozialen Aspekte in der Förderkulisse berücksichtigt. Von einem echten Systemwechsel kann daher keine Rede sein. Es wurde viel Zeit vergeudet für ein Reförmchen. Nun ist es Sache der Mitgliedstaaten einen Strategieplan vorzulegen und die Vorgaben soweit mit Leben zu füllen.

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