Speech · Jette Waldinger-Thiering · 26.03.2021 Der SSW fordert ein elternunabhängiges Bafög nach dänischem Vorbild
„So lange es kein elternunabhängiges Bafög gibt, ist jede Initiative angebracht, unseren Schülerinnen und Schülern die Aufnahme eines Studiums zu ermöglichen. “
Rede zu Protokoll gegeben
Jette Waldinger-Thiering zu TOP 15 - Studienstarthilfe – Mehr Gerechtigkeit bei der Finanzierung des Studienstarts (Drs. 19/2796)
Was kostet ein Studium, habe ich mich in Vorbereitung auf diesen Antrag gefragt.
Ein Studium gehört neben der privaten Altersvorsorge zu den größten finanziellen Belastungen im Leben vieler Eltern, schreiben die Sparkassen.
Die Sozialerhebung von 2016 zu den Lebenshaltungskosten von Studierenden des Deutschen Studentenwerks gibt kleinteilige Auskünfte über die Gesamtausgaben von Studierenden in ihren unterschiedlichen Lebenssituationen. Abhängig von Alter, Wohnort, Wohnform, ob mit oder ohne Kind, ergibt sich da natürlich immer mal wieder ein unterschiedliches Bild.
Aber es lässt sich wohl schon sagen, dass es im Schnitt für ein Studium von zehn Semestern zwischen 36.000 € und 75.000 € braucht. Pro Kind, so die Sparkasse. Monatlich sollten Eltern für Leben und Studium mit rund 596 bis 1.250 Euro rechnen.
Was aber ist, wenn wir es aus Sicht der erwachsenen Person denken, die sich dazu entscheidet, ein Studium zu beginnen. Bei aller differenzierten Betrachtung, errechnet das Studentenwerk einen Typus einer Kerngruppe von Studierenden. Diese sogenannten „Normalstudierenden“ geben im Durchschnitt insgesamt 832 Euro im Monat aus. Am meisten fällt die Miete ins Gewicht mit 326 Euro monatlich. Dann folgt die Ernährung mit 168 Euro. Die restlichen Posten mit jeweils unter 100 Euro bestehen aus Fahrtkosten, Gesundheit, Freizeit, Kleidung, Kommunikation und Lernmittel. Aber all das sind ja gewissermaßen laufende Kosten, die zuverlässig monatlich anfallen.
Wie ist es denn aber zu Beginn des Studiums, was kostet eigentlich ein Studienstart? Da habe ich einfach mal bei Studierenden nachgefragt und auf einem kleinen Zettel notiert, was zum Semesterstart alles auf einmal anfällt.
Da haben wir neben den laufenden Kosten die Kaution für das WG-Zimmer, neue Möbel, der Umzug an sich. Dann noch Laptop, USB-Stick, Kleinkram wie Block und Stifte, je nach Fach spezifische Kleidung und Ausrüstung und natürlich die Einführungsbücher, die in der Bibliothek ständig vergriffen sind. Hinzu kommt der Semesterbeitrag, der je nach Stadt in Schleswig-Holstein mit Semesterticket um und bei 250 Euro liegt.
Da können wir jetzt unterschiedliche Rechnungen anstellen, Lasse Petersdotter hat ja auch im Vorfeld schon öffentlich vorgerechnet, mit welcher Startbelastung mindestens zu rechnen sein könnte und landet bei einer kleinstmöglichen Summe von 1.005 Euro.
Und da ist es tatsächlich ein riesiges Problem, dass Kinder von Hartz-IV-Empfängern monatlich nicht viel mehr als einen Freibetrag von 100 Euro im Nebenjob dazuverdienen können, weil alles darüber hinaus gehende eben bedarfsmindernd angerechnet wird.
Wenn ich mir alleine aber vorstelle, dass Laptop und Kaution anfallen und das mal überschlage, dann lande ich mindestens bei den von Jamaika nun anvisierten 800 €. Wir hätten auch, das kann ich, denke ich, vorsichtig so sagen, 900 € zugestimmt.
So lange es kein elternunabhängiges Bafög gibt, ist jede Initiative angebracht, unseren Schülerinnen und Schülern die Aufnahme eines Studiums zu ermöglichen.
Denn das Einkommen der Eltern sollte nicht der Ausbildung ihrer Kinder im Wege stehen.
Und so gut diese Initiative ist auch ist, sie könnte natürlich noch ausgeweitet werden. Auch Familien in Niedriglohnberufen bleiben da in einer schwierigen Situation. Die Aufnahme eines Studiums bringt für alle Familien erst einmal einen hohen Kostenaufwand mit sich.
Auch an anderer Stelle habe ich schon darauf hingewiesen, dass aus Sicht des SSW beispielsweise der Bedarf an Hardware in Folge der Digitalisierung in der Bafög-Berechnung anders berücksichtigt werden sollte.
Und deswegen möchte ich wie gewohnt mit dem Appell schließen, dass es für den SSW dabei bleibt, dass Studierende erwachsene Menschen sind, die ihr Potential unabhängig von dem monetären Hintergrund ihrer Eltern ausschöpfen können sollten. Dafür braucht es auch in Deutschland ein elternunabhängiges Bafög nach dänischem Vorbild.