Press release · 15.08.2023 Grün-Roter Kooperationsvertrag: Spaltung statt Konsens

Zum Kooperationsvertrag von Grünen und SPD für die Bildung einer Mehrheitskooperation im Kieler Rathaus erklärt Ratsherr Marcel Schmidt, Vorsitzender der SSW-Ratsfraktion Kiel:

Der jetzt vorgelegte Kooperationsvertrag von Grünen und SPD für ihre Zusammenarbeit als Mehrheitskooperation in der Wahlperiode bis 2028 hält leider bei weitem nicht das, was die Sondierungspapiere versprochen haben. So sieht sich die Kooperation zwar als Nachfolge der Rot-Grünen Kooperation der letzten Wahlperiode, schafft es aber nicht, beispielsweise beim Großthema Wohnraum, ihre Pläne und Ankündigungen mit bereits Erreichtem abzugleichen und damit glaubhaft zu machen.

Auch in der Sozialpolitik können wir leider keine großen Sprünge erwarten. ‚Wir wollen den Sozialbericht der Stadt nutzen, um daraus Handlungsempfehlungen für die Bekämpfung von Armut zu entwickeln‘, heißt es im Vertrag. Genau dafür ist dieser Bericht da und genau so wird er seit je her verwendet. Auch bei immer wichtiger werdenden Themen wie Altersarmut bleibt das Vertragswerk unkonkret. In dem Bereich soziales und ökologisches Bauen können wir davon ausgehen, dass sich das Grün-Rote Bündnis auf der Suche nach der Quadratur des Kreises verzetteln wird mit der absehbaren Folge eines ergebnislosen Stillstands. Die Weiterentwicklung des Flughafens taucht überhaupt nicht auf – es ist zu befürchten, dass dieser wichtige infrastrukturelle Aktivposten ausgehungert werden soll.

Schwierig wird es auch in der Verkehrspolitik: Hier soll der polarisierende Kurs der letzten Jahre fortgesetzt werden, weshalb mit deutlich mehr Pollern und deutlich weniger Parkplätzen in Kiel zu rechnen ist. Die Fortführung dieses ideologischen Ansatzes lässt ebenfalls befürchten, dass die Ausweitung der Tempo-30-Zonen weit über das pragmatisch notwendige Maß ausufern wird. Gleichzeitig wird der Aufwertung des bisher viel zu sehr vernachlässigten Fußverkehrs im Vertragswerk gerade einmal eine halbe Seite gewidmet.

Diese ideologische Polarisierung ist der Grundton des Vertrags. Hätte man hier einen versöhnlichen Ansatz gewählt, der die voneinander entfremdeten Seiten nach einer bisher viel zu schrill geführten Debatte wieder zusammenbringen sollte, wären wir durchaus bereit gewesen, hier zu unterstützen. Diesen Ansatz sehen wir jedoch in diesem Vertrag nicht: Die Grünen haben ihre Inhalte untergebracht und die SPD sich auf ihre Posten konzentriert. Aus diesem Grund wird auch das Thema Oberbürgermeisterwahl und Kandidat*innenfindung überhaupt erwähnt, obwohl es hier keinesfalls um einen politischen Inhalt handelt. Es ist nicht zu erwarten, dass die SPD bei ihren Themen Boden gegenüber dem grünen Partner gutmachen wird.

Wir sind von dem Inhalt des Grün-Roten Kooperationsvertrags enttäuscht, ebenso wie von den jüngsten politischen Anwandlungen dieser großen Fraktionen, die die Mitbestimmung auch der kleineren Fraktionen in der Ratsversammlung einschränken wollen. Grün-Rot wird keinen übergreifenden Konsens in der Ratsversammlung für ihre politischen Pläne finden. Sie sind aber offensichtlich auch nicht auf der Suche danach.“

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