Speech · Sybilla Nitsch · 11.05.2023 Alle Verkehrswege und Verkehrsmittel zusammendenken
„Ein gut ausgebautes, leistungsfähiges und verkehrssicheres Straßennetz in Kombination mit einem ebenso gut ausgebauten ÖPNV sowie einem attraktiven Radwegenetz ist Grundlage für die Mobilität von Menschen und Grundvoraussetzung für wettbewerbsfähige Standortbedingungen für die Wirtschaft und den Tourismus in unserem Land.“
Sybilla Nitsch zu TOP 51 - Strategie zur Entwicklung der Landesstraßen in Schleswig-Holstein 2023-2035 (Drs. 20/837)
Unser Infrastrukturnetz und die Mobilität aller Verkehrsteilnehmer bleiben ein Dauerbrennerthema und Daueraufgabe für die Landespolitik. Wir alle betonen immer wieder, wie wichtig es ist, gerade in Sachen Mobilität viel Geld in die Hand zu nehmen. Die Instandsetzung und -haltung von Straßen, Radwegen und Schienen, die nachhaltige Mobilitätswende, der Ausbau des ÖPNV und die Entwicklung weiterer innovativer Mobilitätskonzepte markieren richtig große Herausforderungen, derer wir uns aber annehmen wollen. Entsprechend muss also auch unser Landesstraßennetz instandgehalten werden.
Und der Sachstandsbericht ist hier ja eindeutig: Unsere Landesstraßen sind nicht nur sanierungsbedürftig, sie sind marode. Die Schäden sind sehr häufig größer und tiefgehender, als zunächst angenommen. Wirklich überraschen kann diese Erkenntnis niemanden. Natürlich ist es unglücklich, dass diverse Baumaßnahmen nun tiefgründiger und somit auch aufwendiger und teurer werden, als in den externen Gutachten prognostiziert. Aber man darf auch nicht vergessen, dass wir in den letzten Monaten und Jahren ja extreme Baukostensteigerungen zu verzeichnen hatten und dass derartige Prognosen in der Bauwirtschaft eben vornehmlich mit oberflächlichen Begutachtungen kalkulieren müssen. Das ist wie beim Zahnarzt, der einem einen Verdacht mitteilt, aber dann erst beim Bohren in den Zahn das reale Ausmaß vorfindet.
Wir warnen daher davor, in weitere teure Gutachten zu investieren, denn der LBV hat seit vielen Jahren einen guten Erkenntnisstand. Weitere Gutachten werden uns nicht schlauer machen. Es sei denn, das Prinzip des Bohrens – wie beim Zahnarzt – soll flächendeckend vorgenommen werden.
Wichtig ist, dass wir ein aktualisiertes, realistisches Gesamtbild vom Zustand unseres Landesstraßennetzes erhalten und den Sanierungsstau strategisch und effizient abarbeiten.
Dabei soll es am Geld nicht scheitern: Die Landesregierung hat sich vorgenommen, in den nächsten viereinhalb Jahren mehr als 560 Kilometer Landstraße und mehr als 200 Kilometer Radwege zu sanieren; 550 Millionen Euro sollen dafür investiert werden. Viel Geld und ein absolut richtiger Investitionsposten, keine Frage.
Und dennoch schließt sich hier dann direkt die nächste Herausforderung an, die ja auch im Bericht genannt wird: Wer soll all die notwendigen Sanierungsmaßnahmen zu wann konkret umsetzen? Auch der LBV.SH hat mit einem extremen Personalmangel in der Verwaltung und der Bauwirtschaft zu kämpfen. Daher wird die angestrebte Zeitschiene zur Behebung aller Sanierungsfälle und Schäden leider nicht zu halten sein, weshalb nach wie vor das Grundprinzip gelten wird: Erhalt vor Neu-, Aus- und Umbau. So weit, so unbefriedigend, aber auch so weit bekannt. Wir müssen also dringend den Fachkräfte- und Personalmangel in diesen zusammenhängenden Bereichen in den Griff bekommen, denn sonst helfen uns all die bereitgestellten Gelder auch kaum etwas, wenn sie eben nicht umgesetzt werden können.
Weitere in der Strategie genannte Punkte können wir auch weitestgehend unterschreiben: Auch wir plädieren dafür, im Sinne der Nachhaltigkeit möglichst Recycling-Baustoffe zu verwenden und deren Erforschung und Einsatzmöglichkeiten auszuweiten; auch um insgesamt eine Verbesserung der Lebenszykluskosten zu erzielen. Zudem ist eine gleichzeitige Mitsanierung von Radwegen, die eine zu sanierende Landesstraße flankieren, absolut sinnvoll und wird von uns ja auch schon lange gefordert. Entsprechend gespannt erwarten wir zudem dann auch die von Minister Madsen angekündigte Übersicht der künftigen Radwege-Projekte dann zum Spätsommer.
Grundsätzlich ist und bleibt der nachhaltige Erhalt unseres Landesstraßennetzes eine Daueraufgabe einer jeden Landesregierung. Ein gut ausgebautes, leistungsfähiges und verkehrssicheres Straßennetz in Kombination mit einem ebenso gut ausgebauten ÖPNV sowie einem attraktiven Radwegenetz ist Grundlage für die Mobilität von Menschen und Grundvoraussetzung für wettbewerbsfähige Standortbedingungen für die Wirtschaft und den Tourismus in unserem Land. Wir müssen stets alle Verkehrswege und Verkehrsmittel zusammendenken und miteinander vernetzt ausbauen. Aber darin sind wir uns ja auch alle einig und entsprechend sollen die bereitgestellten Gelder auch alle verbaut werden.